Bei einem Fall von Animal Hoarding sind unzählige Hund dicht aneinandergedrängt in einem dunklen Raum

Wenn Tierliebe außer Kontrolle gerätAnimal Hoarding: Die krankhafte Sucht, Tiere zu sammeln

Zahlreiche Hunde, Katzen oder andere Tiere, die auf kleinstem Raum zusammengepfercht leben – meist ohne genügend Futter, Wasser, geschweige denn Pflege, medizinische Versorgung oder Zuwendung. Wenn Menschen immer mehr Tiere sammeln und die Kontrolle über sie verlieren, ist das ein Fall von Animal Hoarding.

Was ist Animal Hoarding?

Der englische Begriff „Animal Hoarding“ kann mit „Tiersammelsucht“ oder „Tierhorten“ übersetzt werden. Er beschreibt ein Krankheitsbild, bei dem betroffene Menschen Tiere in einer so großen Anzahl halten, dass sie sie nicht mehr angemessen versorgen können. Sie geben ihren Schützlingen zu wenig Futter und Wasser und vernachlässigen sowohl die Hygiene, die Pflege als auch die tierärztliche Betreuung. Die Halter*innen erkennen dabei häufig nicht, wie schlecht es den Tieren in ihrer Obhut geht. Betroffene werden auch als Animal Hoarder*innen, Tierhorter*innen oder Tiersammler*innen bezeichnet.

Animal Hoarding in Zahlen

Seit 2008 sammelt der Deutsche Tierschutzbund Informationen zu bekannt gewordenen Animal-Hoarding-Fällen aus Medienberichten oder Meldungen aus Tierheimen und wertet diese seit 2012 regelmäßig aus. Demnach waren seit Beginn der Erhebung in Deutschland mehr als 42.000 Tiere betroffen. Am häufigsten handelt es sich dabei um Katzen, aber auch kleine Heimtiere wie Kaninchen, Meerschweinchen oder Ratten werden oftmals gehortet.

Allein 2023 haben wir 115 Animal-Hoarding-Fälle mit 6.691 betroffenen Tieren protokolliert - so viele wie nie zuvor. Das zeigt die aktuelle Auswertung. In vielen Fällen bergen Tierschützer bei Rettungsaktionen auch tote Tiere. Diese können häufig gar nicht alle gezählt und erfasst werden, ebenso wie der Nachwuchs trächtiger Tiere. Die Zahlen sind als Mindestwerte zu verstehen - von einer hohen Dunkelziffer ist auszugehen.

115

Fälle von Animal Hoarding in Deutschland haben wir 2023 protokolliert.

6691

Tiere waren 2023 betroffen - so viele wie nie zuvor.

42059

Tiere wurden seit Beginn unserer Auswertung 2012 insgesamt "gehortet".

Mehr Informationen

Wie erkenne ich Animal Hoarding?

Der Verdacht auf einen beginnenden Fall von Tiersammelsucht liegt vor, wenn folgende Punkte zutreffen:

  • Die Halter*innen halten mehr Tiere als im Durchschnitt üblich.
  • Gemessen an dem vorhandenen Platz leben zu viele Tiere in einer Wohnung, einem Haus oder auf einem Gelände.
  • Fehlende Einsicht: Die Tierhalter*innen sehen trotz einer überdurchschnittlich hohen Zahl an Tieren und trotz Platzmangels nicht ein, dass sie weniger Tiere halten sollten.
  • Es ist keine tiergerechte Haltung und keine angemessene Pflege, Ernährung, Hygiene und medizinische Versorgung der Tiere gewährleistet.

Bei einem fortgeschrittenen Fall von Tiersammelsucht ist darüber hinaus oft Folgendes zu beobachten:

  • Die Wohnung, das Haus oder das Gelände ist in einem bedenklichen hygienischen Zustand: Zum Beispiel liegen Kot und Urin auf dem Boden, Katzentoiletten, Käfige oder Zwinger sind stark verschmutzt, Weideflächen, auf denen zum Beispiel Pferde leben, sind kahlgefressen und verschlammt.
  • Die Tiere sind unter- oder mangelernährt. Zu erkennen ist dies beispielsweise an ihrem schlechten Fell und an hervorstehenden Knochen. Außerdem steht ihnen kein oder nur verschmutztes Trinkwasser zur Verfügung.
  • Obwohl ihre Tiere krank sind und gesundheitliche Beschwerden oder Verletzungen haben, lassen ihre Halter*innen sie nicht tiermedizinisch untersuchen. Sie unterlassen auch wichtige Nachversorgungen. Im Extremfall sind sogar tote Tiere vorzufinden.
  • Die Tiere sehen ungepflegt aus: Ihr Fell ist verfilzt und verschmutzt, sie haben Ohrenentzündungen, Zahnstein und sind mit Ungeziefer befallen. Bei Tieren in der Landwirtschaft vernachlässigen die Besitzer*innen die Huf- und Klauenpflege.
  • Obwohl die Tiere nicht kastriert sind, trennen die Halter*innen sie nicht nach ihrem Geschlecht. Die Folge: Die Tiere vermehren sich unkontrolliert, manche können auch inzuchtbedingte Missbildungen haben.
  • Die Halter*innen verschweigen, wie viele Tiere sie insgesamt besitzen. Sie verweigern Außenstehenden den Zutritt auf ihr Grundstück und den Kontakt zu ihren Tieren.
  • Die Tiere sind verhaltensauffällig: Zum Beispiel äußert sich das durch extreme Angst oder Scheu vor Menschen oder unbekannten Umweltreizen, durch Unsauberkeit, ständiges im Kreis laufen und bei Hunden auch durch monotones Bellen.

Sie können auch unsere Checkliste für das Vorliegen eines Animal Hoarding-Falls downloaden.

Animal Hoarder*innen brauchen Hilfe

Animal Hoarding ist nicht allein ein Tierschutzproblem. Häufig steht dahinter ein Mensch mit einer psychischen Erkrankung. Betroffene sind nicht oder nur eingeschränkt in der Lage zu erkennen, dass es den Tieren in ihrer Obhut schlecht geht. Auch die negativen Auswirkungen auf ihr direktes Umfeld wie etwa die Familie oder die Nachbarschaft und auf die eigene Gesundheit nehmen sie meist nicht wahr. Viele von ihnen leben isoliert. Erhalten Animal Hoarder*innen keine psychologische Betreuung, liegt ihre Rückfallquote bei fast 100 Prozent.

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Informiert Euch jetzt

Was kann ich tun, wenn ich einen Animal-Hoarding-Fall vermute?

Falls Sie einen Animal-Hoarding-Fall vermuten, gibt es verschiedene Möglichkeiten, zu helfen:

  1. Suchen Sie das persönliche Gespräch mit den Tierhalter*innen. Bei einem guten Vertrauensverhältnis können Sie sie möglicherweise dazu bringen, Hilfe zu suchen oder anzunehmen.
  2. Wenn die Tiere bereits in einem sehr schlechten Zustand sind und die Halter*innen keine Einsicht zeigen, informieren Sie am besten das zuständige Veterinäramt oder die Polizei.
  3. Fragen Sie die Tierschutzvereine, die sich um Tiere aus Animal-Hoarding-Fällen kümmern, ob Sie sie unterstützen können – beispielsweise mit Sach- oder Geldspenden oder indem Sie ehrenamtlich helfen.
  4. Überlegen Sie, ob Sie nicht selbst ein gerettetes Tier adoptieren möchten – die Tierheime werden Sie gerne beraten.
     

Wer kümmert sich um Tiere aus Animal-Hoarding-Fällen?

Wenn Polizei und Veterinärbehörden Tiere aus einem Animal-Hoarding-Haushalt beschlagnahmen, sind die Mitarbeiter*innen von Tierheimen sofort zur Stelle. Sie nehmen auf einen Schlag die zahlreichen verwahrlosten, oftmals traumatisierten Hunde, Katzen und Co. auf und kümmern sich aufopferungsvoll um sie. Für die Tierheime ist das ein enormer Kraftakt – sowohl psychisch, physisch als auch finanziell. So blieben die meisten Tierheime auf den entstandenen Kosten sitzen: Nur fünf der dem Tierschutzbund angeschlossenen befragten Tierheime meldeten 2023 eine kostendeckende Erstattung durch die Kommunen nach einem Animal Hoarding-Fall zurück.

Der Deutsche Tierschutzbund als Dachverband von 16 Landesverbänden und rund 740 Tierschutzvereinen mit mehr als 550 Tierheimen und Auffangstationen bietet hier mit seinem guten Netzwerk und seiner Expertise eine große Unterstützung für die Tierheime.

Viele Hunde sind bei einem Fall von Animal Hoarding dicht aneinander gedrängt in einem dunklen Raum
Tieren aus Animal Hoarding-Fällen helfen

Bitte unterstützen Sie unsere Tierheim-Nothilfe (Feuerwehrfonds) mit Ihrer Spende, damit wir den uns angeschlossenen Tierheimen schnell und unkompliziert helfen können, wenn sie das nächste Mal über Nacht eine große Zahl von Tieren aus einem Animal Hoarding-Fall versorgen müssen.

Jetzt spenden

Das fordert der Deutsche Tierschutzbund

Tierheime, die Tiere aus Animal-Hoarding-Fällen betreuen, übernehmen kommunale Pflichtaufgaben. Somit müssen sie vertraglich abgesichert und kostendeckend finanziert werden.

Darin werden Informationen über Tierhalter*innen gesammelt, die gegen gesetzliche Anforderungen in der Tierhaltung verstoßen haben. Nur so ist es möglich, Wiederholungstaten vorzubeugen.

Um langfristig bessere Therapiemöglichkeiten und Anlaufstellen zu bieten, wäre es ein wichtiger Schritt, Animal Hoarding als eigenständiges Krankheitsbild anzuerkennen.

Darin enthalten sein sollten Vorgaben zur Zucht und Haltung einzelner Tierarten: Diese würde es den zuständigen Behörden deutlich erleichtern, Tiere in Not zu beschlagnahmen.

Dadurch könnten schwerwiegende Fälle schneller entdeckt werden. Auch Vertreter*innen aus betroffenen Fachbereichen wie etwa Sozialdienste und Amtsgerichte sollten vermehrt zum Thema informiert und fortgebildet werden.

Der Deutsche Tierschutzbund arbeitet mit Tierärztinnen und Tierärzten, Juristinnen und Juristen, Psychologinnen und Psychologen sowie Sozialdiensten zusammen, um gemeinsame Lösungswege zum sinnvollen Umgang mit Animal-Hoarding-Fällen zu entwickeln. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit muss weiter gefördert werden.

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